Die deutschen Behörden folgen immer noch den Spuren der Personen, die die Entführung Trinh Xuan Thanhs In Berlin veranlasst haben sollen. Die Ermittlungen wurden jetzt auf die Personen, die im Kontakt mit dem vietnamesischen Geheimdienst stehen, erweitert.
Ende November, Berlin wird kalt und es regnet viel. Eine Dame trifft sich mit mir in einem alten deutschen Restaurant in der Berliner Straße Alt-Moabit. Wirft man einen Blick auf die andere Straßenseite, so kann man die Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit sehen. Die Fenster der JVA sind klein und werden durch große Gitter versperrt. Um das Gefängnis herum steht eine 10 Meter hohe Mauer aus rotem Backstein, der noch aus dem Jahr 1877 stammt und zusätzlich sorgt der Stacheldraht für noch mehr Kälte.
In der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Moabit warten viele Vietnamesen auf ihren Strafprozess
Die Dame mit der ich im Restaurant sitze, beginnt das Gespräch mit folgenden Worten:
„Nachdem Trinh Xuan Thanh aus Berlin entführt wurde, ermittelt und verhört die Polizei bei vielen in Deutschland lebenden Vietnamesen. Wahrscheinlich liegt das an den ganzen Gesprächen mit den ganzen Botschaftsangehörigen über das Telefon. Die Botschaft soll laut dem Generalbundesanwalt ja etwas mit den Organisatoren der Entführung von Trinh Xuan Thanh zu tun haben. Bis jetzt wurden acht Vietnamesen von der deutschen Polizei verhört, darunter auch ich.“
Die Dame fügt hinzu: „Oft waren die Telefonate harmlos. Meist waren es Einladungen zum Abendessen oder anderen Austausche. Ich verstehe nicht, warum sie (Anm. d. Red.: die Polizei Berlin) so genau auf die Telefonate schaut. Vielleicht muss die Presse für uns sprechen und beweisen, dass wir unschuldig sind.“
Ein anderer Fall: Vietnam scheint immer noch nicht ehrlich mit Deutschland in dieser diplomatischen Krise, die die Entführung Trinh Xuan Thanhs herbeigeführt hat, zusammenarbeiten zu wollen. Es blieb nicht nur dabei, sondern es ging sogar so weit, dass Vietnam kurz vor dem Ende des APEC-Gipfels in Da Nang absichtlich einen Artikel des Spiegels gekürzt und falsch übersetzt hat. Die vietnamesische Version des Artikels wurde dann am 11.11.2017 auf die Seite des Ministeriums für Information und Kommunikation, mit der Absicht Deutschland und Frankreich schlecht darzustellen, gestellt:
„Der US-Präsident passt eher zu Autokraten als zu nationalen Führern wie Merkel oder Macron.“ Weiter schreibt der Artikel:
„Es ist sicher, dass die Menschen in Vietnam über die Gegenwart und die Zukunft nachdenken, während man sich in Europa über die Vergangenheit unterhält.“
Vietnam droht Deutschland nicht zum ersten Mal. Ein Fall von vor einem Jahr: die vietnamesische Regierung hat die Einfuhr von 600 Fahrzeugen der Marke BMW verboten. Zurzeit stehen die Fahrzeuge im VICT-Hafen von Ho-Chi-Minh-Stadt. Das Wirtschaften für den Autobauer aus München wird gestoppt, was große Schäden für ihn anrichtet und zudem ein negatives Bild für die ausländischen Investoren darstellt. Vor allem für die Investoren aus Deutschland und Europa, die in den vietnamesischen Markt einsteigen wollen.
Die Auswirkungen breiteten sich auch auf die vietnamesische Community in Deutschland aus. Am 17.11.2017 äußerte sich der Vorsitzende eines Vereins der Vietnamesen in Deutschland dazu:
„Deutschland hat soeben eine Eilmeldung herausgegeben. Ein Projekt von uns wurde abgelehnt, nur drei Tage vor der Unterzeichnung dieses Projektes. Ziel des Projekts war es Vietnam bei der technologischen Entwicklung zu unterstützen. Das Projekt hatte ein Gesamtvolumen von 50.000 Euro. Das ist eindeutig eine Auswirkung der Aussetzung der Strategischen Partnerschaft mit Vietnam vom 22.09.2017.“
Ein weiterer vietnamesischer Unternehmer aus Deutschland hat sich ebenfalls dazu geäußert:
„Es ist inzwischen sehr schwer geworden, Partner aus Vietnam nach Deutschland einzuladen. Wenn man ein Visum beantragt, dann sagt die deutsche Botschaft in Viet Nam, dass der Fall bearbeitet werde aber man bekommt keinen Termin genannt, an dem das Ergebnis für die Visumsvergabe bekanntgegeben wird. Früher konnte das Partnerunternehmen oft nach Deutschland reisen, jetzt ist noch nicht einmal sicher, wann sie ausreisen dürfen.“
Bis jetzt folgt Vietnam nicht den Anforderungen Deutschlands, um die diplomatische Krise zwischen den zwei Ländern zu lösen. Dabei ist die Lösung eindeutig: Vietnam soll sich für seine Aktion entschuldigen, dass ein Geheimdienst die Souveränität Europas verletzt hat, um einen Staatsangehörigen mitten in der deutschen Hauptstadt Berlin zu entführen.
Am Abend des 19.11.2017 hat eine vertrauenswürdige Quelle aus gesagt, dass „Deutschland bald neue Aktionen haben wird. Dieses Mal soll „am Königsthron gerüttelt werden“, und nicht nur zwei Botschaftsangehörige der vietnamesischen Botschaft in Berlin des Landes verwiesen werden, wie beim letzten Mal.“
Es stellt sich die Frage ob Hanoi es rechtzeitig schafft den Vorschlag von Alicia Garcia-Herrero, Beraterin für EU-Beamte im EU-Vietnam-Freihandelsabkommen, umzusetzen: „Das Freihandelsabkommen wird weiterhin laufen, wenn Hanoi ein „Opferlamm“ findet, um Verantwortung in diesem Fall zu übernehmen. Ein Beispiel könnte der vietnamesische Botschafter in Deutschland sein.“
Die vietnamesische Botschaft in Berlin, der Ort, an dem Trinh Xuan Thanh laut dem Generalbundesanwalt nach der Entführung eingesperrt worden sei.
Sitz des LKA 1 (Abteilung Delikte am Menschen) der Polizei Berlin: hier wird der Fall von Trinh Xuan Thanh bearbeitet.
Lê Anh – VD-News
Weiterführende Links:
Artikel von Dirk Kurbjuweit, stellvertretender Chefredakteur „Der SPIEGEL“:
Artikel „APEC und die Sicht aus Europa“ (mit falschen Übersetzungen und abgeschnitten Abschnitten aus dem Artikel des Spiegels, nur Vietnamesisch):
http://vietnamnet.vn/vn/thoi-su/apec-2017/apec-2017-va-goc-nhin-tu-chau-au-410286.html
Importstopp für BMW-Händler „Euro Auto“ in Vietnam:
Botschafter Doan Xuan Hung könnte als „Opferlamm“ herangezogen werden (nur Vietnamesisch):
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