Skandal aus Viet Nam: Das Auswärtige Amt wurde beschimpft und massiv beleidigt

Es ist schon ein Skandal. Während auf der einen Seite die Regierung in Hanoi die deutsche Regierung um ein Gespräch zum Entführungsfall Trinh Xuan Thanh gebeten hat, hat auf der anderen Seite die vietnamesische staatliche Wochenzeitschrift "Van Nghe in Ho Chi Minh Stadt" am 18.8. einen Artikel  veröffentlicht, in dem das Deutsche Auswärtige Amt beschimpft und massiv beleidigt wird. Auch die Rechtsanwältin von Herrn Trinh Xuan Thanh wurde durch den Kakao gezogen.

Im Folgenden die Übersetzung des Artikels:

In der Affäre „Trinh Xuan Thanh hat sich in der Heimat gestellt“: Hat das deutsche Auswärtige Amt unüberlegt gehandelt oder war es ein Stimmenkauf?

18.08.2017

Ein in der öffentlichen Meinung im Rahmen der Antikorruptionskampagne seit über einem Jahr tiefsitzender Stachel konnte entfernt werden, als Trinh Xuan Thanh, ein mit internationalem Haftbefehl gesuchter Straftäter, in die Heimat zurückkehrte und sich der Polizei stellte. Natürlich wird dieser große Korruptionsfall entsprechend der vietnamesischen Gerichtsbarkeit ermittelt und entschieden. Jedoch das Gerede und sogar die Konsequenzen daraus haben – im Hinblick auf die internationalen Beziehungen – die öffentliche Meinung vergiftet, obwohl der Prozess gegen TXT noch nicht stattgefunden hat. Andererseits hat diese Affäre noch mehr Bösewichte und Hyänen der reaktionären Szene im Ausland, die der Entwicklung Vietnams schaden wollen, enttarnt.

Der Grund liegt auf der Hand: Trinh Xuan Thanh hat sich dem Haftbefehl entzogen und versteckte sich über ein Jahr lang in der Bundesrepublik Deutschland, die noch kein Auslieferungsabkommen von Straftätern mit Vietnam geschlossen hat; er hat damit bei den feindlichen Kräften die Hoffnung genährt, die Ordnung und Rechtsvorschriften Vietnams zerstören zu können. Dass sich Trinh Xuan Thanh in der Heimat nun gestellt hat, stellt eine totale Pleite für das Vorhaben dar, diesen Straftäter für den Zweck dieser dunklen Mächte zu nutzen.

Dummes Geschwätz oder Absicht vom deutschen Auswärtigen Amt?

Eines muss klargestellt werden: Nachdem sich Trinh Xuan Thanh gestellt hat, haben die verantwortlichen Dienststellen Vietnams die von Trinh Xuan Thanh schriftlich verfasste Selbstanzeige veröffentlicht, um die Nachricht zu dokumentieren und andererseits um klarzustellen, dass Trinh Xuan Thanh sich freiwillig gestellt hat. Der schriftliche Antrag und die Bilder eines ganz unbedrohten Trinh Xuan Thanh sind doch klare Beweise dafür, dass sich Trinh Xuan Thanh gestellt hat. Trotzdem wurde eine Denunzierungspropaganda gestartet, wohl aus Enttäuschung darüber, dass das dreckige Vorhaben, Vietnam zu sabotieren, nun zusammengestürzt ist. Bezeichnend ist hierbei ein verlogener, denunzierender Video-Clip vom „Zeitungsreporter“ Le Trung Khoa – Chefredakteur der Berliner vietnamesischen Zeitung Thoibao.de – veröffentlicht über den BBC und die persönliche FB-Seite des Herrn Khoa, der über den Ort der „Entführung“ berichtete: Mal sagt er, dass die „Entführung“ in der Wohnung von TXT (Trinh Xuan Thanh)“ stattfand; mal sei es an „einem Ort, wo TXT gerade spazieren ging“, vorher soll TXT im …“fernen Polen“ entführt worden sein!  Über die Zeitung Thoibao.de, die den Ruf hat, nur Müll zu verbreiten, sowie ihren Chefredakteur brauchen wir nicht viel zu reden; (die Wochenzeitschrift) Van Nghe TP. Ho Chi Minh hat bereits die üble Absicht von Thoibao.de, die Heimat zu sabotieren, entlarvt. Das Verhalten und die Ansagen von Trinh Xuan Thanh auf VTV1 (der vietnamesische Staatssender, Anm. des Übersetzers) sind wie eine Ohrfeige für Herrn Khoa. Vorher gab es noch die Strafanzeige der Rechtsanwältin, die von Trinh Xuan Thanh mit der Durchführung seines Asylverfahrens in Deutschland beauftragt wurde. Wir wissen doch alle, dass die Strafanzeige nur eine PR-Aktion für sie ist, deswegen wird der Autor dieses Artikels darum bitten, den Namen der Rechtsanwältin hier nicht erwähnen zu müssen. Es wurde bei der Polizei angezeigt, dass Trinh Xuan Thanh vom vietnamesischen Sicherheitsdienst in Deutschland entführt und nach Vietnam verschleppt wurde. Aber natürlich: Außer diesen Aasgeiern waren es noch die Pseudo-Demokraten im Ausland, die sich mittels Fakes und Fotomontagen anschlossen, um die Medien gegen Vietnam aufzuwiegeln. Den Höhepunkt stellte die Erklärung des deutschen Auswärtigen Amtes über diese Affäre dar.

Am 02.08.2017 hat das Büro des Deutschen Auswärtigen Amtes folgende Presseerklärung abgegeben: „Die Entführung des vietnamesischen Staatsangehörigen Trinh Xuan Thanh auf deutschem Boden ist ein präzedenzloser und eklatanter Verstoß gegen deutsches Recht und gegen das Völkerrecht. Dank der Aufmerksamkeit der deutschen Strafverfolgungsbehörden kam der Vorgang ans Licht. Inzwischen laufen dazu auch Ermittlungen bei den deutschen Strafverfolgungsbehörden. Ein derartiger Vorgang hat das Potenzial, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam massiv negativ zu beeinflussen…. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Markus Ederer hat dies gestern gegenüber dem vietnamesischen Botschafter in aller Klarheit und Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Er hat ihm auch unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Bundesregierung verlangt, dass Herr Trinh Xuan Thanh unverzüglich nach Deutschland zurückreisen kann, damit der Antrag auf Auslieferung und der Antrag auf Asyl jeweils in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu Ende geprüft werden können. Als Konsequenz aus diesem völlig inakzeptablen Vorgang werden wir den offiziellen Vertreter der vietnamesischen Nachrichtendienste an der Botschaft der Sozialistischen Republik Vietnam in Deutschland zur Persona non grata erklären und ihm 48 Stunden geben, Deutschland zu verlassen. Wir behalten uns außerdem vor, gegebenenfalls weitere Konsequenzen auf politischer, wirtschaftlicher sowie entwicklungspolitischer Ebene zu ziehen.“

Es ist schon seltsam, dass sich gerade die Bundesregierung, und nicht irgendwelche Boulevardzeitungen mit den verantwortungslosen Aasgeiern, zu so einer unüberlegten Erklärung hinreißen ließ. Trinh Xuan Thanh hat doch öffentlich erklärt, dass er sich freiwillig gestellt hat; seine Selbstanzeige wurde über die Presse veröffentlicht, aus welchem Anhaltspunkt heraus darf das Deutsche Auswärtige Amt behaupten, dass Trinh Xuan Thanh in Deutschland entführt wurde? Es schließt sich natürlich auch folgende Frage an: Wie arbeitet der deutsche Staatssicherheitsdienst, so dass ein Mensch in Deutschland entführt und erfolgreich außer Landes verschleppt werden konnte? Und würde dieser Apparat – mit so einem „übergroßen“ Potential – fähig sein, das Land zu verteidigen? Es ist doch klar, dass es keine Entführung gegeben hat und dass kein Mensch Europa unfreiwillig verlassen kann. Es liegt nur daran, dass das Deutsche Auswärtige Amt unüberlegt oder mit Absicht unüberlegt gehandelt hat, um die Stimmen der antivietnamesischen Extremisten, Deutschen mit vietnamesischen Migrationshintergrund, für die in den nächsten Wochen stattfindende Bundestagswahl zu kaufen. Wenn es so ist, dann sind diese Extremisten mit vietnamesischer Abstammung wohl schon stark genug, um eine „Revolution“ durchzuführen – natürlich eine Revolution auf deutschem Boden, um die deutsche Politik zu verändern. Sie haben jedoch keine Chance, sich in die inneren Angelegenheiten Vietnams einzumischen.

Doch wegen der Verwicklungen in den bilateralen internationalen Beziehungen sollten wir ein bisschen sorgfältiger über das vietnamesische Recht und das internationale Völkerrecht im Zusammenhang mit dem Ereignis, dass sich Trinh Xuan Thanh in der Heimat gestellt hat, diskutieren.

Deutschland hat keinerlei Recht in der Angelegenheit, dass sich Trinh Xuan Thanh in der Heimat gestellt hat.

Bislang konnten die deutschen Ermittlungsbehörden keine Beweise liefern, dass Herr Trinh Xuan Thanh „entführt wurde“. Am 02.08.2017 meldete die dpa: „die Ermittler in Berlin vermuten … entführt wurde.“ (im Original: „vermuten“). Der Sprecher der Berliner Polizei, Herr Winfried Wenzel sagte: „Das ist ein Verdacht“ (Original auf Deutsch: „Das ist ein Verdacht“). Das Absurde in dem Verdacht einer „Entführung“ liegt in dem Detail „Die Zeugen haben gesehen, dass Herr Trinh Xuan Thanh in ein Auto gezerrt wurde“. Warum hat die Polizei nicht sofort eine Ringfahndung in einem großen Bereich veranlasst? Der Therminus der deutschen Polizei hierfür ist: Ringfahndung. Die Presseerklärung des Deutschen Auswärtigen Amtes lehnt sich hauptsächlich an die Aussagen der für das Asylverfahren mandatierten Rechtsanwältin von Trinh Xuan Thanh. Sie ist keine Zeugin, sie hat nur von einer anderen Person gehört. Der Name dieser Person wurde auch nicht genannt. Die unter der Fachaufsicht des Bundesinnenministers stehenden Behörden – wie die Bundespolizei (auch Bundesgrenzschutz), der Bundesnachrichtendienst (BND) richtig, der Staatsschutz, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das Bundeskriminalamt (BKA), das Sondereinsatzkommando GSG 9…. – haben noch keine Beweise für eine Entführung des Herrn Trinh Xuan Thanh vorlegen können. Das Bundesinnenministerium hat sich bislang, weder auf der behördlichen Website noch über die Presse, über die Affäre Trinh Xuan Thanh geäußert.

Noch dazu ist Herr Thanh kein deutscher Staatsbürger, kein Asylberechtigter in Deutschland; er ist sogar noch kein Asylbewerber. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 02.08.2017, dass Herr Thanh 2016 nach Deutschland kam und am 24.07.2017 einen Termin zur Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte. Das bedeutet, dass er vorher nur bei der antragsannehmenden Dienststelle war. Dort wurde von ihm ein Lichtbild gemacht, seine Fingerabdrücke gesichert und er hat auf der Seite 1 des Asylantrags unterschrieben. In den nächstfolgenden Seiten wurden die Personalien des Antragsstellers, die der Eltern und der Ehefrau des Antragsstellers, die Anschriften in Vietnam und in Deutschland und der Name des Rechtsvertreters aufgenommen. Dann bekam er einen Termin zur Anhörung. Erst in der Anhörung würde er von dem Anhörungsbeamten nach seinen Personalien, dem Fluchtweg von Vietnam nach Deutschland, dem Asylgrund und nach weiteren Dokumenten… befragt werden. Richtig nach §33 Absatz 3 des Asylgesetzes gilt der Antrag auf Asyl als zurückgezogen, wenn der Asylbewerber, egal aus welchem Grund, Deutschland verlassen hat und in sein Heimatland zurückgekehrt ist (nach §32 Asylgesetz). Demnach hat Herr Trinh Xuan Thanh noch kein politisches Asyl und auch kein Bleiberecht aus humanitären Gründen bekommen. Aus welchem Grund nun darf das Deutsche Auswärtige Amt von Vietnam die Rückführung des Trinh Xuan Thanhs  fordern? Ein Mensch mit gesundem Menschenverstand würde diese Forderung niemals verstehen.

Und die Reaktion Vietnams

Auf die Frage nach der Reaktion Vietnams hinsichtlich der Affäre Trinh Xuan Thanh erklärte Frau Le Thi Thu Hang am 03.08.2017:“ Bezugnehmend auf die Presseerklärung des Sprechers des Deutschen Auswärtigen Amtes hinsichtlich der Sache Trinh Xuan Thanh bedauere ich die Erklärungen vom Deutschen Auswärtigen Amt.“  Zu der Frage, ob die Affäre Trinh Xuan Thanh den vietnamesisch – deutschen Beziehungen für die Zukunft schaden würde, sagte die Sprecherin des vietnamesischen Außenministeriums bestimmt: „Vietnam respektiert stets und will die strategischen Beziehungen Vietnam – Bundesrepublik Deutschland bewahren und weiterentwickeln“.

Hinter dieser Antwort steht eine entschlossene Haltung: Alle Länder sind gleichgestellt und freundschaftliche Beziehungen dienen nur zum Wohl der beiden Völker. Bedroht uns nicht. Es ist zwecklos.

Vu Huong

Wochenzeitung Van Nghe in Ho Chi Minh Stadt, Ausgabenummer 462

Link: http://tuanbaovannghetphcm.vn/vu-trinh-xuan-thanh-ve-nuoc-dau-thu-bo-ngoai-giao-duc-ho-do-hay-mua-phieu/

Kasse animation 7.8.2023